Friday, November 4, 2011

Der Tag der Lebenden & Der Tag der Toten

Nachdem die letzte Woche, vom 24. bis 28. Oktober ganz normal abgelaufen ist, außer dass es ab und zu kein Wasser in der Albergue gab, war diese Woche am Anfang November von Feiertagen durchsetzt.
Montagnachmittag sind viele Kinder schon wieder nach Hause gegangen, weil der Dienstag, der 1. November, ein Feiertag war, und es somit keine Schule gab, genauso wie auch der 2. November. Der 1. November wird als Tag der Lebenden gefeiert und der 2. November als Tag der Toten. Am ersten November sind wir um 10 Uhr mit den wenigen Kindern, die noch dort waren, in die Messe gegangen. Die Messe ist eigentlich genauso wie in Deutschland. Die einzige Sache, die mir aufgefallen ist, ist, dass die Einwohner von Quiquijana ihren eigenen Eimer voll Wasser mit in die Kirche genommen haben. Das Wasser hat der Pastor am Ende der Messe grob mit seiner Hand, also nur symbolmäßig, vermischt und damit alle Teilnehmer der Messe gesegnet. Dazu taucht er außerdem eine wunderschön blühende Blume (nicht so einen hässlichen Metallstab) in das Wasser und schwängt diese über die Köpfe der Leute.
An diesem Nachmittag haben wir mit den Kinder an den Computern und auf dem Spielplatz gespielt. Das war also sehr entspannt. Ich find es ganz schön, wenn man mal Zeit hat persönlicher mit den Kindern zu reden und nicht nur als Autoritätsperson bei den Hausaufgaben oder in dem Unterricht.
Das konnten wir auch noch an dem 2. November machen. Da wurde es sogar sehr persönlich. Es ist an diesem Tag Tradition, dass sich dass gesamte Volk auf dem Friedhof versammelt. Sie bleiben dort den ganzen Tag, und sitzen mit ihrem Bier auf den Bänken. Die Gräber sind mit frischen Blumen geschmückt, und mit Essen, wie z.B. Brot und Kartoffeln, bedeckt. Als wir gegen 10 Uhr zum ersten Mal dorthin gegangen sind, war noch nicht so viel los. Da haben wir unter anderem das Grab der Eltern von drei Kindern der Albergue besucht. Die jüngste der drei ist erst fünf Jahre alt, und es ist bedrückend zu wissen, dass sie ganz ohne Elternliebe aufwächst. Die älteste von ihnen hat mich gefragt, ob meine Eltern und Verwandten noch leben. Ich habe ihr geantwortet, dass ich eine sehr große Familie habe, und nur mein Opa im hohen Alter gestorben ist.
So eine Familie ist bei uns in Deutschland keine Seltenheit, währenddessen die Kinder in der Albergue schon von vielen Todesfällen berichten können. Für sie scheint es also schon fast normal und da stutzt man, wenn die Kinder ganz trocken, auch mal zwischendurch, fragen "leben deine Eltern noch?". Ich sehe hier also nach und nach, aus welchen Umständen die Kinder kommen und erfahre, dass, wenn die Kinder noch Eltern haben, diese aber oft unter einem Alkoholproblem leiden oder andere Schwierigkeiten haben, warum sie ihre Kinder vernachlässigen.
In dem Leben der Albergue ist alles so behütet und es scheint fast wie die Heile Welt, bis man erfährt, was hinter der Fasade steckt. Natürlich wusste ich, dass die Kinder in der Albergue leben, weil sie wegen Familienproblem nicht nach Hause können. Doch erst wenn man die einzelnen Schicksale hört, weiß man, was mit "Familienprobleme" gemeint ist, und lernt es besser zu schätzen, was die Kinder an der Albergue haben, und auch was man selbst an seiner Familie hat.

Donnerstag war dann mal wieder ein normaler Arbeitstag. Es hat mir nach der Pause gefallen, den Kindern wieder bei ihren Schulaufgaben zu helfen. Besonders hat der Älteste der Albergue bald seine Aufnahmeprüfung der Universität, und muss dafür Physik können. Es ist ziemlich toll, wenn man das Wissen, was man selbst so interessant findet, vermitteln kann.

Das wars nun erstmal wieder von mir. Bis dann! Eure Verena

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